Sonntag, 30. Juli 2017

28.7.2017 Von Dover nach Wöllstein

6:15 klingelte der Wecker. Heißes Teewasser aufstellen, Toilette und Duschen gehen, Frühsport machen, Reiseproviant und Kleinstgepäck verstauen und um 7.30 Uhr mit dem Klapprad zum Dover Ferryterminal. Die telefonisch gebuchte Fährkarte für  45 Euro abholen, gegen Ausweiskontrolle, auf den Transferbus für Fußpassagiere warten, in den Bus einsteigen, für eine zweite Paßkontrolle wieder aussteigen und nach kurzem Fußmarsch wieder einsteigen, dann nochmal aussteigen, denn unser Bus wurde per Zufallskontrolle für einen genauen Check ausgewählt, also wie am Flughafen sich aller Metallgegenstände am Körper entledigen, durch ein Kontrollgate gehen während das Gepäck durchleuchtet wurde. Im Unterschied zum Flughafen kann man aber Flüssigkeiten und Taschenmesser u.ä. mitnehmen.  Die Fähre fuhr fast pünktlich ab, Überfahrtszeit ca. 1,5 Stunden, allerdings war durch die einstündige Zeitverschiebung die Fähre nicht um 11.00 Uhr (britische Zeit), sondern um 12.00 Uhr (MESZ) mitteleuropäische Sommerzeit in Calais. Eigentlich wollte ich mit dem Klapprad zum Hauptbahnhof von Calais radeln, aber ein freundlicher Engländer hatte ein Taxi mit demselben Ziel reserviert und bot mir an, mich mitzunehmen. Super. ich wollte die Fahrt zur Hälfte bezahlen, aber er meinte, ich solle dem Taxifahrer 5 Euro geben und gut wärs. So ist er der Engländer, großzügig und freundlich. Naja, dieser war halt so, ob die Engländer alle so sind? So hatte ich gut Zeit meine Fahrkarte nach Wöllstein am Schalter zu buchen, denn die online Reservierung hatte am Vorabend nicht funktioniert, weil die Visacard ein neues noch sicheres Verifizierungsverfahren eingeführt hat und ich den neuen Verifizierungscode erst in ein paar Tagen erhalten werde. So buchte ich die Karte am Schalte, doppelt so teuer als es die Online Buchung gewesen wäre. Aber dafür hatte ich wenigstens Kontakt mit einer immerhin gebrochen englisch sprechenden Dame der französischen Bahn und das sollte einem doch mindestens hundert Euro wert sein, finde ich oder? Etwas bedrückend war die Umzäunung. Das gesamte Fährgebiet war von meterhohen Zäunen mit Natodraht umgeben. Mein freundlicher Engländer informierte ich, dass diese Zäune von der englischen Regierung finanziert wurden für ca. 6 Milionen Euro. Die Zugstrecke von Calais war ca. 10 bis 20 km mit Mehrfachzäunen und Natodraht gesichert, dazwischen ein befahrbarer Kontrollweg und alle 100 m eine Kamera. Es fehlten nur die Hunde und Selbstschussanlagen, dann wäre es ein perfekte Kopie der Grenze von der DDR zur BRD gewesen.
In Paris muss man umsteigen vom Gare Est zum Gare Nord, ca. 1 km Fußweg. Die Bahnhöfe sind unglaublich, wirklich unglaublich voll mit Menschen. Dazwischen viel bewaffnete Polizei und auch schwer bewaffnete Soldaten in dreier Gruppen in voller Kampfmontour. Beruhigend ist das nicht, zumindestens geht es mir so und ich war froh wieder im Zug nach Mainz zu sitzen, denn auf dem Weg vom Gare Est zum Gare Nord gibt es viele viele Menschen geschäftige, aber auch ganz viel junge schwarze Menschen, die meistens in Gruppen zusammenstehen und ich hatte nicht das Gefühl, sie genießen den Tag, sondern sie versuchen den Tag herumzubringen, sei es einfach so, sei es mit Kleinkriminalität, auf jeden Fall mehr sinnentleert als mit Lebenssinn gefüllt, wie auch! Vielleicht täusche ich mich auch, aber ich glaube eher nicht. Die Würde des Menschen ist unantastbar, so steht es im Grundgesetz. Und die Würde wird ständig angetastet, verletzt und zertrampelt. Siehe Zäune, siehe Lybien, siehe Zeitarbeit, siehe Altersarmut und nicht zuletzt immer noch die Ausbeutung der sogenannten dritten Welt. Aber auch ich profitiere von dieser Ausbeutung und leiste mir aktuell den Luxus einer Auszeit, von dem Milliarden anderer Menschen noch nicht einmal träumen können, weil die existenziellen Sorgen solche Träume gar nicht erst zulassen!
Der TGV rast von Paris nach Mannheim und als er um 19.35 Uhr in Kaiserslautern zwischenstoppte, merkte ich zu spät, dass Gudrun mich in Kaiserslautern hätte abholen können. Das wäre schneller und preiswerter gewesen als in Mainz. Nun gut, so wars halt und ich kam um 21.25 Uhr mit etwas Verspätung in Mainz an und umarmte sehr froh meine liebe Gudrun.


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